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Promotion

Dissertationspreise

Sie interessieren sich für die Erfahrungen anderer Doktoranden? 

Preisträger des Dissertationspreises der TU Dortmund geben in kurzen Interviews Einblick in ihre Doktorarbeiten.

Pia Nitz: "Hauptsache unterhaltsam? Unterhaltung als Qualitätsdimension im Fernseh-Wissenschaftsjournalismus: Aspekte der Produktion und Rezeption"

Warum haben Sie sich mit diesem Thema beschäftigt?

Bei meiner Arbeit als Wissenschaftsjournalistin – erst für Zeitungen, später für das ZDF – stand ich immer wieder vor einem praktischen Problem: Wie kann ich ein Thema anschaulich, spannend und unterhaltsam umsetzen, ohne dass die journalistische Qualität darunter leidet? Und woran kann ich journalistische Qualität überhaupt festmachen? Diese praktischen Fragen führten mich direkt zum Thema meiner Dissertation.

Was war Ihr Erkenntnisinteresse?

Ich wollte herausfinden, ob die journalistische Qualität einer Wissenschaftssendung tatsächlich unter einer unterhaltsamen, publikumsfreundlichen Darstellung leidet. Oder etwas neutraler formuliert: Welchen Einfluss hat eine unterhaltsame Gestaltung auf die wissenschaftsjournalistische Qualität? Besonders interessiert hat mich dabei, wie die Gestaltung die Qualitätsurteile des Publikums beeinflusst. Das habe ich anhand eines Zuschauer-Experiments untersucht.

Welchen Tipp können Sie zukünftigen Doktoranden mit auf den Weg geben?

Meine drei wichtigsten Tipps: „Hype-Themen“ vermeiden, sich auf eine Fragestellung fokussieren, sich mit anderen Doktoranden vernetzen.
Gerade im Medienbereich sind Entwicklungen und Trends oft schnelllebig. Was zu Beginn der Dissertation noch galt, kann am Ende bereits von der Realität überholt worden sein. Für geeigneter halte ich deshalb Themen, die auch dann noch relevant sind, wenn sich die

Forschungsarbeit länger hinzieht als gedacht. Damit die Arbeit nicht ausartet, sollte man sich auf eine konkrete, abgegrenzte Forschungsfrage konzentrieren und nicht auf einen Themenkomplex. Und nicht zuletzt ist es natürlich hilfreich, in universitäre Strukturen, Kolloquien oder ein Graduiertenkolleg eingebunden zu sein, in dem man sich austauschen kann und Unterstützung erhält. Extern, ohne berufliches Forschungsumfeld und parallel zum Job zu promovieren – wie ich es gemacht habe – ist nicht ideal.

Ina Pick: „Das anwaltliche Mandantengespräch. Linguistische Ergebnisse zum sprachlichen Handeln von Anwalt und Mandant“

Warum haben Sie sich mit diesem Thema beschäftigt?

Schon in meiner Diplomarbeit an der Uni Wien habe ich Mandantengespräche beim Anwalt untersucht. Dabei wurde schnell klar, dass dieser Typ institutioneller Gespräche Potenzial für umfangreichere Analysen auf weit größerer Datengrundlage birgt. Die Idee zu diesem Thema war damals dadurch entstanden, dass die anwaltliche Ausbildung reformiert worden war und nun neuerdings Schlüsselqualifikationen wie Gesprächsführung explizit als Studieninhalte für Juristen aufgenommen wurden. Bisher gab es zu diesem Thema keine empirischen Untersuchungen, daher wollte ich an dieser Forschungslücke arbeiten. Außerdem sah ich die Möglichkeit, mit den Ergebnissen zur Entwicklung von Gesprächsführungskompetenzen in der Praxis beizutragen, was mir als Angewandter Gesprächsforscherin ein wichtiges Anliegen ist.

Was war Ihr Erkenntnisinteresse?

Da es bisher kaum (im deutschsprachigen Raum keine) empirische Ergebnisse zum anwaltlichen Mandantengespräch gab, wollte ich diesen Typ institutioneller Gespräche zunächst systematisch gesprächslinguistisch beschreiben. Methodisch und methodologisch habe ich dabei verschiedene Verfahren in den Analysen verwendet, weil ich wissen wollte, wie man sie fruchtbar verbinden kann. Ich habe dann typische kommunikative Formen und Probleme im Mandantengespräch herausgearbeitet, indem ich den Gesprächsablauf, die kommunikative Aufgabenstruktur und typische musterartige Gesprächsverläufe analysiert habe. Dabei ist auch ein typisches strukturelles Handlungsproblem in Mandantengesprächen deutlich geworden: Ein Changieren von Beraten (zu juristischen Fragen) und Verkaufen (einer anwaltlichen Dienstleistung), das für die Gesprächsbeteiligten meist unbemerkt bleibt, aber Ursache für verschiedenste Schwierigkeiten sein kann.

Welchen Tipp können Sie zukünftigen Doktoranden mit auf den Weg geben?

Ein Ziel mit der Dissertation zu verbinden, das zeitlich und perspektivisch über die Dissertationsphase hinausreicht. Also zu überlegen, wozu die Beschäftigung mit dem Thema und die Promotion langfristig dienen soll. Das hilft als eine Art Kompass: Bei Entscheidungen, die unterwegs anstehen, bei Durststrecken und Zweifeln, die wohl kaum jemandem erspart bleiben, und auch dabei, die Dissertation als einen Schritt zu einem langfristigeren Ziel zu sehen – und sie damit in gewisser Weise nicht so wichtig zu nehmen.

Buchtipp:
Merjam Wakili
Medien und Öffentlichkeit im Demokratisierungsprozess in Afghanistan
Die Transformation des Staatsenders Radio Television Afghanistan in einen öffentlichen Sender

Dr. Merjam Wakili: „Medien und Öffentlichkeit im Demokratisierungsprozess in Afghanistan – Die Transformation des Staatsenders Radio Television Afghanistan in einen öffentlichen Sender“

Warum haben Sie sich mit diesem Thema beschäftigt?

Über die aktuelle Entwicklung der Medien in Afghanistan gibt es so gut wie keine Forschung. Bislang ist sehr wenig über die Zusammenhänge von Medien, Öffentlichkeit und Demokratisierung in diesem Land bekannt. Nachdem ich mich 2005 in meiner Diplomarbeit bereits mit der Medienlandschaft und dem Journalismus in Afghanistan beschäftigt hatte, wollte ich gerne noch tiefer in diese Themenfelder einsteigen. Als gebürtige Afghanin, die Sprachen und Kultur des Landes kennt, hatte ich das Privileg, einen intensiven Einblick in die Strukturen vor Ort zu bekommen. Das wollte ich unbedingt nutzen.

Was war Ihr Erkenntnisinteresse?

Mein Hauptanliegen war es zu untersuchen, inwiefern es sinnvoll und machbar ist, den afghanischen Staatssender in einen öffentlichen Sender umzuwandeln. Der Staatssender hat die größte Reichweite und die längste Tradition in Afghanistan. Aus dem westlichen Verständnis heraus ist ein Staatsender jedoch nicht unbedingt kompatibel mit einer Demokratie. Anders ausgedrückt: Zu einem Demokratisierungsprozess gehören aus westlicher Sicht liberale, unabhängige Medien. Aus diesem Grund wurde in der Medienentwicklungszusammenarbeit – neben der Förderung von privaten Medien – angestrebt, den Staatssender in einen öffentlichen Sender zu transformieren. Dieser Prozess stagniert aus unterschiedlichen Gründen. Ich wollte wissen, ob es überhaupt Sinn macht, diese Transformation zu fördern, und was aus Sicht der beteiligten Akteure zu tun ist, um sie voran zu treiben. Wichtig war mir dabei auch zu erfahren, was die Afghanen selbst über die Rolle des Staatssenders denken und wie sie die angestrebten Reformen einschätzen.

Welchen Tipp können Sie zukünftigen Doktoranden mit auf den Weg geben?

Die Themenwahl ist das A und O. Wenn man sich wahrhaftig für sein Forschungsthema interessiert, bleibt man bei der Stange. Der Reiz, mehr zu erfahren und die eigenen Forschungsergebnisse endlich zusammentragen zu können, ist dann groß genug, um die unvermeidlichen Durststrecken zu überwinden. Außerdem sollte man sich gerade am Anfang seines Promotionsvorhabens vor Augen führen, dass in einer Dissertation niemals alle Fragen bis ins Letzte beantworten werden können. Deshalb ist es umso wichtiger, die Forschungsfrage eng zu fassen und so präzise wie möglich zu formulieren.

Buchtipp:
Merjam Wakili
Medien und Öffentlichkeit im Demokratisierungsprozess in Afghanistan
Die Transformation des Staatsenders Radio Television Afghanistan in einen öffentlichen Sender

"Family Secrets: Roots, Memory and Mixed Heritage in the Contemporary United States"

Warum haben Sie sich mit diesem Thema beschäftigt?

Ich habe mich schon in der Schulzeit für den Umgang mit der Vergangenheit interessiert, also dafür, wie Menschen und Kulturen ihre Geschichte reflektieren, welche Ereignisse verdrängt werden und wie sich Erinnerungen mit der Zeit verändern. Dies und mein Studium der Amerikanistik, insbesondere im Bereich African American Studies, brachte mich dazu, mich mit den Südstaaten der USA zu befassen und darüber nachzudenken, wie man heute über das Erbe der Sklaverei diskutiert—150 Jahre später, wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt, die man befragen kann. Ich war während meines Studiums einige Zeit in South Carolina; dort stellte man sich gerade die Frage, was denn „passieren“ soll mit dieser unbequemen Vergangenheit die man nicht „loswird“, und wer überhaupt darüber entscheiden darf. Konkret: Darf die Flagge der Konföderierten auf dem State House (dem politischen Zentrum South Carolinas) wehen? Wofür steht diese Flagge überhaupt?  Und: was hat das mit uns heute zu tun? In meiner Dissertation habe ich die Möglichkeit gesehen, mich noch intensiver mit dieser Thematik zu beschäftigen.

Was war Ihr Erkenntnisinteresse?

Meine Arbeit setzt sich damit auseinander, wie Familien ihre Vergangenheit verarbeiten—oder auch nicht. Es geht um das Schweigen über das was war, und um Menschen, die das Schweigen nicht mehr ausgehalten haben, die das Tabu gebrochen und sich auf „Spurensuche“ gemacht haben und ihre  „vergessenen“ Verwandten—die Nachfahren der Sklaven, die die Familie einst hatte; die Enkel des Mannes, der die Urgroßmutter einst auf Grund ihrer Hautfarbe verlassen hatte—gesucht und gefunden haben.  Dann wird  es notwendig, zu reflektieren, wie die Familie so geworden ist wie sie ist, welche Loyalitäten und welche Verdrängungsprozesse dabei eine Rolle gespielt haben. Und natürlich geht es auch immer darum, wie die Hautfarbe beeinflusst hat, welche Türen sich den Vorfahren geöffnet haben oder eben nicht, und wie man heute damit umgehen kann.

Ich habe in meiner Arbeit gezeigt, dass der als „offen“ empfundene Dialog über die Vergangenheit derzeit anhand vorgefertigter Muster geschieht, die seit jeher prägender Bestandteil der amerikanischen Kultur sind: Es ist ein „Einschreiben“ neuer Gruppen in das vorhandene Narrativ Amerikas. Dies ermöglicht einerseits das Sprechen über die tabuisierte Vergangenheit—andererseits setzt es aber auch neue Verdrängungsprozesse in Gang. Der Dialog ist also sozusagen nur „halboffen“ und nicht so befreiend wie man auf den ersten Blick meinen könnte.

Welchen Tipp können Sie zukünftigen Doktoranden mit auf den Weg geben?

Netzwerke zu bauen! Natürlich im eigenen Fach über Oberseminare und in der Fakultät über das Doktorand/innenkolloquium, aber auch darüber hinaus. Mir hat es viel geholfen, Tagungen zu besuchen und immer wieder mit ganz verschiedenen Menschen über meine offenen Fragen zu sprechen.

Und außerdem: Durchhalten! Auch wenn es manchmal so scheint, als käme man gar nicht weiter mit der eigenen Arbeit—„Trockenphasen“ sind wohl ganz normal während der Dissertation. Sie sind ein Teil des Prozesses. Man wächst eben doch an seiner eigenen Arbeit.

Warum haben Sie sich mit diesem Thema in Ihrer Dissertation beschäftigt?

Die Frage, wie Sprache funktioniert und wie Menschen sich mittels Sprache verständigen, hat mich immer schon fasziniert. Während des Studiums haben dann Untersuchungen, die nach den Grundlagen des kindlichen Spracherwerbs fragen, besonderes Interesse bei mir geweckt. Und auch die Einsicht, dass wir vieles von dem, wie Kinder Sprache erwerben, noch nicht wissen, war Ansporn für mich, auf einem Teilgebiet der Spracherwerbsforschung einer vertiefenden Fragestellung nachzugehen. Ausgangsfrage meiner Arbeit war, ab wann Kinder beginnen, über Sprache nachzudenken und diese zum Gegenstand von Kommunikation zu machen.

Was war Ihr Erkenntnisinteresse?

Genauer interessiert hat mich, welche Vorläufer und Triebkräfte für das Sprechen über Sprache verantwortlich sind. Hierzu bin ich der Frage nachgegangen, welche Interaktionszusammenhänge für Kinder bereits vor Schuleintritt Gelegenheiten eröffnen Sprache zu thematisieren. Datengrundlage bildeten Aufnahmen authentischer Alltagssituationen des Kindergartens. Die Analysen haben aufgedeckt, dass insbesondere Gespräche unter Gleichaltrigen, in denen Kinder vor der Aufgabe stehen, Diskurse eigenverantwortlich zu organisieren, förderlich für ein frühes Sprechen über Sprache sind. Beeindruckt hat mich, auf welche Weise Vorschulkinder in diesen Situationen nicht nur erwachsenentypisches Verhalten nachahmen, sondern im Rahmen von spontanen Sprachspielen auch neue Formen kreieren und so eigene gemeinschaftserzeugende Muster hervorbringen. 

Welchen Tipp können Sie zukünftigen Doktoranden mit auf den Weg geben?

Wichtig finde ich, dass man eine Fragestellung bearbeitet, an deren Beantwortung man wirklich interessiert ist. In Schreibphasen, in denen man das Gefühl hat, sich in den Details der empirischen Befunde zu verlieren, hat es mir geholfen, den Blick immer wieder zurück auf diese "großen" Ausgangsfragestellungen zu richten. Für empfehlenswert halte ich es auch, von Anfang an einen regen und kontinuierlichen Austausch mit der Doktormutter/ dem Doktorvater, mit vertrauten, aber auch mit neuen Kolleginnen und Kollegen auf Tagungen und internationalen Konferenzen zu suchen. In der Abschlussphase sollte man irgendwann an einen Punkt kommen, an dem man sich mit dem Loslassen beschäftigt und dann konsequent die Abgabe anvisiert.

Buchtipp:
Juliane Stude
Kinder sprechen über Sprache
Eine Untersuchung zu interaktiven Ressourcen des frühen Erwerbs metasprachlicher Kompetenz

Dr. Morten Kansteiner: "Die Sagbarkeit der Heldin. Jeanne d'Arc in Quellen des 15. und Filmen des 20. Jahrhunderts"

Warum haben Sie sich mit diesem Thema in Ihrer Dissertation beschäftigt?

Als ich 1997/98 zwei Auslandssemester an der Université François Rabelais in Tours verbracht habe, habe ich mich ganz auf mein Zweitfach Geschichte konzentriert. Und mich dabei unter anderem mit der wichtigsten Quelle zu Jeanne d'Arc beschäftigt: dem Protokoll des Prozesses, der 1431 zum Tod der historischen Jeanne führte. Ich war überrascht, welches plastische Bild einer unangepassten Frau dieser Text entstehen lässt. Rund zwei Jahre später kam Luc Bessons Film über Jeanne d'Arc in die Kinos. Zwar stellt diese Version das heroische Handeln der Jeanne d'Arc grundsätzlich in Frage. Aber es bleibt doch bemerkenswert, in welchem Maße hier eine kämpferische Frauenfigur die Narration dominiert, entgegen den Konventionen, die den Mainstream-Film während großer Teile seiner Geschichte bestimmt haben. Dass in ganz unterschiedlichen Kontexten, im Abstand von mehr als einem halben Jahrtausend, sehr eindringliche Darstellungen derselben Figur entstehen, obwohl sie gegen grundlegende Normen verstößt - diese doch eigentlich ganz unwahrscheinliche Konstellation bildete für mich den Ausgangspunkt.

Was war Ihr Erkenntnisinteresse?

Wie kommt es, dass die Konventionen, denen mediale Darstellungen unterliegen, durchbrochen werden? Wie verändern sich die Regeln, die darüber entscheiden, was in einem Text als angemessen gilt? Diesen beiden sehr allgemeinen Fragen bin ich am Beispiel Jeanne d'Arcs nachgegangen. Die Darstellungen dieser Heldin geben einerseits Hinweise darauf, unter welchen Bedingungen in einem konkreten historischen Kontext eine Figur manchen Konventionen entkommt. Weil die Darstellungstradition Jeanne d'Arcs so umfassend ist - allein die Filme decken ein ganzes Jahrhundert ab - lässt sich andererseits an ihr auch beobachten, wie neue Konventionen entstehen, die wiederum ihre eigenen Bruchstellen haben. Natürlich lassen sich die Mechanismen, die sich an dieser Figur beobachten lassen, nicht ohne Weiteres verallgemeinern. Aber der Fall dieser Heldin ist schon deshalb sehr interessant, weil sie gegen Genderkonventionen verstößt, die gerade als solche eigentlich sehr langlebig sind.

Welchen Tipp können Sie zukünftigen Doktoranden mit auf den Weg geben?

Natürlich wünsche ich zukünftigen Doktoranden, dass sie ihre Dissertation zügig abschließen. Aber wenn sie dann doch zu einem Langzeitprojekt wird, wie bei mir, ist es bestimmt sehr hilfreich, aufrichtiges Interesse am Thema zu haben. Ich bezweifele, dass ich die Arbeit überhaupt zu Ende gebracht hätte, wenn ich nicht eine Fragestellung hätte bearbeiten dürfen, die ganz meinen Interessen und Kenntnissen entsprach. So lästig manche Arbeitsschritte auch fallen mögen - das Thema hat für mich seinen Reiz bis heute nicht verloren.

Dr. Martina Pfeiler: "Poetry Goes Intermedia. US-amerikanische Lyrik des 20. und 21. Jahrhunderts aus kultur- und medienwissenschaftlicher Perspektive"

Warum haben Sie sich mit diesem Thema in Ihrer Dissertation beschäftigt?

Ich hatte bereits während meines Studiums der Anglistik und Amerikanistik in Graz, Österreich, großes Interesse an alternativen medialen Erscheinungsformen von Lyrik und im Jahr 2003 basierend auf meiner Magisterarbeit ein Buch zur U.S.-amerikanischen Performance Poetry veröffentlicht.  Lange Zeit galt das Buch als der Medienträger für Literatur. Mittlerweile ist es nur mehr ein  wesentlicher Bestandteil in einer medial ausdifferenzierten Mediengesellschaft.  Ich wollte mich mit Literatur beschäftigen, die intermedial in diese  medienkulturellen Kontexte eingebunden ist. Außerdem habe ich mich für meine wissenschaftliche Arbeit immer schon gerne auf Festivals herumgetrieben, wie etwa dem International Zebra Award Poetry Film Festival in Berlin.

Was war Ihr Erkenntnisinteresse?

Ausgehend von den USA gingen digitale Entwicklungen seit Ende der 90er Jahre sehr rasant voran und haben auch vor der Literatur nicht halt gemacht.  Neue Genres wie die E-Poetry sowie Poetry Films, die bislang eher einer literarischen Subkultur zuzurechnen waren, werden nun mittels Youtube einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Mich interessierte vor allem, wie diese popularisierenden Entwicklungen ein traditionelles Genre verändert haben. Eine zentrale Frage war, wie sich ein lyrischer Schrifttext sowohl in analogen als auch digitalen Medien zu Ton und Bild verhält und wie man intermediale Gedichte analysiert, die nicht zuletzt auch offen Kritik an Medien üben.

Welchen Tipp können Sie zukünftigen Doktoranden mit auf den Weg  geben?

Es ist äußerst fruchtbar, ein kollektives Netzwerk aufzubauen - z. B. durch Oberseminare, das Doktorandenkolloquium der Fakultät sowie mit KollegInnen, die man über Konferenzen und Universitäten kennenlernt. Man soll die Eigenständigkeit nicht verlieren und trotzdem nicht davor zurückscheuen, ProfessorInnen oder andere ExpertInnen per E-Mail anzuschreiben und mit ihnen  persönlich in Dialog zu treten, wenn man Fragen hat. Ruhig mal auch Seiten produzieren, die man dann wieder wegwirft  und nicht verzagen, wenn  ein Kapitel mal nicht gelingen will oder man sich als der einzige Mensch fühlt, der  gerade um halb drei Uhr in der Früh arbeitet. 

Buchtipp:
Martina Pfeiler
Poetry Goes Intermedia
US-amerikanische Lyrik des 20. und 21. Jahrhunderts aus kultur- und medienwissenschaftlicher Perspektive

Dr. Martina Krebs: "Hotel Stories – Representations of Escapes and Encounters in Fiction and Film"

Warum haben Sie sich mit diesem Thema in Ihrer Dissertation beschäftigt?

Hotels sind sehr besondere kulturelle Räume, die man einerseits zu kennen glaubt, weil viele Menschen in unserem westlichen Kulturkreis schon einmal in irgendeiner Form Erfahrungen mit Hotels gemacht haben - als Gast, als Angestellte(r) oder als Besucher(in). Andererseits kann ein Hotelaufenthalt voller Überraschungen stecken und ist nie ganz vorhersehbar, da sich hier private und öffentliche Räume ebenso begegnen wie verschiedene Menschen mit den unterschiedlichsten Gründen für ihren Hotelaufenthalt. Vielleicht auch deswegen werden Hotels von vielen FilmemacherInnen und AutorInnen als Schauplatz ihrer fiktionalen Geschichten gewählt. Ich wollte herausfinden, was das Hotel als kulturellen Raum so interessant macht, wer aus welchen Gründen zu welchen Zeitpunkten im Leben wo ein Hotel aufsucht und welche Erfahrungen, Geschichten und Identitätskonstruktionen sich an Hotels knüpfen können.

Was war Ihr Erkenntnisinteresse?

Meine Dissertation "Hotel Stories – Representations of Escapes and Encounters in Fiction and Film" ist eine Arbeit aus dem Bereich British Cultural Studies. Ausgehend von einem erweiterten Textbegriff und aktuellen Definitionen von Kultur, Repräsentation und Identität beschäftigt sie sich mit den kulturellen Bedeutungen von Hotels und ihren Bedeutungskonstruktionen in Literatur und Kultur: Hotels werden sehr gezielt als Schauplätze fiktionaler Geschichten gewählt, da ihre Grundstruktur vertraut ist und mit immer neuen Bedeutungen und Inhalten gefüllt werden kann. Die Literaturanalyse der Arbeit stützt sich auf Michail Bachtins Theorie des Chronotops. Theoretische Grundlage für die Analyse von Identitätskonstruktionen in Hotels und Hotelgeschichten ist der non-essentialist approach.

Hotels sind kulturelle Institutionen, die Raum bieten für Momente der Flucht und des Ausbruchs aus den Krisen und Routinen des Alltags. Gleichzeitig sind sie Orte der Begegnung, die neutral oder bereits konnotiert sein können. Sie versprechen Abstand, eine neue Umgebung und Zusammentreffen mit Menschen, Erfahrungen und Ereignissen, die die Hotelgäste oder Hotel-angestellten ihre eigenen Identitäten überdenken und (re-)konstruieren lassen. Sie verbinden öffentliche Räume mit privaten Räumen und ermöglichen soziale Nähe genauso wie Isolation. Hotels sind multifunktionelle Schauplätze existentieller menschlicher Erfahrungen, die einer Vielzahl von möglichen Charakteren und Situationen eine räumlich und zeitlich begrenzte, aber doch unendlich variable Bühne bieten. Sie sind Mikrokosmen, die ihren eigenen Regeln und Gesetzen folgen und doch mit ihrer inneren Welt eine äußere Welt abbilden können. Hotelliteratur kann in einem vertrauten Rahmen immer wieder neue Erzählungen schaffen, die Charaktere, Autorinnen und Autoren sowie Leserinnen und Leser in einem geteilten, gemeinsamen Erfahrungsrahmen zusammenführen. Hotels und Hotelgeschichten bieten also Raum für Erlebnisse, Begegnungen und Situationen, die so in keinem anderen kulturellen Raum möglich wären.

Welchen Tipp können Sie zukünftigen Doktoranden mit auf den Weg geben?

Mir hat es während der Promotion sehr geholfen, mich mit anderen DoktorandInnen auszutauschen, sowohl thematisch als auch persönlich, über Fragen, Probleme, Höhen und Tiefen. Durch die Anbindung an das Institut für Anglistik und Amerikanistik haben sich viele enge Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen ergeben, die auf allen Ebenen sehr positiv waren und die ich sehr zu schätzen weiß. Ich würde zukünftigen DoktorandInnen ans Herz legen, das fakultätsinterne DoktorandInnenkolloquium DokKol zu nutzen und nicht nur allein im stillen Kämmerlein zu arbeiten, sondern ihre Ideen auch nach draußen zu tragen, zu diskutieren und zu erweitern.

Dr. Carsten Brosda: "Diskursiver Journalismus – Journalistisches Handeln zwischen kommunikativer Vernunft und mediensystemischem Zwang – ein Entwurf"

 Warum haben Sie sich mit diesem Thema in Ihrer Dissertation beschäftigt?

Mir ist bereits im ersten Semester das Buch "Strukturwandel der Öffentlichkeit“ in die Hände gefallen. In schneller Folge habe ich auch weitere zentrale Werke von Jürgen Habermas gelesen. Und ich fing an, mich zu wundern, warum diese auf Kommunikation und Verständigungsorientierung zielende Theorie in der Journalismusforschung so stark unterrepräsentiert ist, warum alle sich auf die Systemtheorie stürzen. Ich wollte ausprobieren, ob man Habermas auch für die Journalismustheorie fruchtbar machen kann.

Was war Ihr Erkenntnisinteresse?

Im Kern geht es darum, journalistisches Handeln als kommunikatives Handeln zu rekonstruieren. Dahinter steht der Gedanke, dass wir Journalismus heutzutage brauchen, um gesellschaftsweit die Verständigung zu erreichen, die man früher face-to-face in der Kleingruppe erzielen konnte. Ich sehe Journalismus als das Werk kommunikativ kompetenter Akteure, die sich in einem weitgehend ökonomisierten massenmedialen System bewegen. In meiner Arbeit skizziere ich klassische Journalismuskonzepte beispielsweise von Otto Groth, rekonstruiere sie entlang der Gedanken der Habermasschen Theorie und erörtere ihre Implikationen vor dem Hintergrund der aktuellen Verfassung unserer Massenmedien und unserer Demokratie. Mir ging es um die kreativen und kommunikativen Handlungsspielräume des Journalismus. Ich wollte den technizistischen Systemtheorieentwürfen eine Perspektive entgegensetzen, die trotzig an der Idee festhält, dass Journalismus auch Vernunft fördern und aufklären kann. Journalisten sind für mich Anwälte des gesellschaftlichen Diskurses.

Welchen Tipp können Sie zukünftigen Doktoranden mit auf den Weg geben?

Die Dissertation ist eine einmalige Gelegenheit, einen Gedanken wirklich einmal gründlich zu Ende zu denken. Leider gibt es in Deutschland die Unsitte, dass Doktorarbeiten als Teilstudien in Forschungsprojekten gefertigt werden – streng nach Maßgabe des Gesamtdesigns. Der Originalität der Arbeiten hilft das meistens ebenso wenig wie der Zufriedenheit der Promovierenden. Kurzum: Lassen Sie sich von niemanden davon abhalten, über die Fragestellung zu schreiben, die Sie interessiert.

Dr. Markus Tendahl: "A Hybrid Theory of Metaphor: Relevance Theory and Cognitive Linguistics"

Warum haben Sie sich mit diesem Thema in Ihrer Dissertation beschäftigt?

Mein Hauptinteresse im Studium der Anglistik und Amerikanistik lag schon immer in den Bereichen Sprachwissenschaft und Fachdidaktik. Vor allem die kognitiven und psycholinguistischen Grundlagen von Sprache haben mich dabei immer besonders fasziniert. Des Weiteren habe ich schon immer eine Vorliebe für sprachliche Besonderheiten gehabt und da lag es insgesamt einfach nahe, sich mit einem Thema wie der kognitiven Verarbeitung von Metaphern zu beschäftigen. Die Dissertation hat mir also die Möglichkeit gegeben, mich intensiv den Dingen zu widmen, die mich im Studium immer am meisten interessiert haben.

Was war Ihr Erkenntnisinteresse?

Warum sprechen wir in Metaphern? Kann man Metaphern systematisieren? Wie verarbeiten wir Metaphern kognitiv? In der Vergangenheit haben Relevanztheoretiker und Kognitions-Linguisten diese Fragen sehr unterschiedlich beantwortet. Dementsprechend werden diese Richtungen der Linguistik vielfach als sehr unterschiedlich aufgefasst. In meiner Arbeit zeige ich, dass relevanztheoretische und kognitiv-linguistische Sichtweisen auf Metaphern sich in Wirklichkeit sehr gut ergänzen. Basierend auf Forschungsergebnissen der Linguistischen Pragmatik, der Kognitiven Linguistik sowie der Psycholinguistik vergleiche und bewerte ich systematisch die Positionen der Relevanztheorie sowie der Kognitiven Linguistik. Das Resultat dieses Vergleichs ist eine umfassendere und realistischere Theorie über das Verständnis von Metaphern, die ich als 'Hybrid Theory of Metaphor' bezeichne.

Welchen Tipp können Sie zukünftigen Doktoranden mit auf den Weg geben?

Das Wichtigste ist natürlich, dass man eine Begeisterung für sein Thema entwickeln kann. Insofern sollte die erste Phase der Arbeit dazu führen, das Thema in eine Richtung zu lenken, die man selbst spannend findet. Ferner sollte man selbst von der Bedeutung des Themas überzeugt sein, was angesichts der großen Spezialisierung sicherlich nicht immer selbstverständlich ist. Fehlt die Begeisterung oder die eigene Wertschätzung für das Thema, dann wird es sicherlich schwierig, sich so lange intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Wenn man dann ein gutes Thema formuliert hat, ist es sinnvoll, möglichst schnell mit dem Schreiben anzufangen - selbst dann, wenn man selbst noch gar nicht so genau weiß, wie die komplette Struktur der Arbeit eines Tages aussehen wird. Außerdem kann ich nur dringlichst empfehlen, möglichst früh zu internationalen Konferenzen zu fahren, da der direkte Austausch mit Experten ganz neue Sichtweisen eröffnet und man mitbekommt, was der wirklich aktuelle Stand der Forschung ist.